Ja, wir haben es gewagt. Wir sind 43 abenteuerlustige Menschen, die sich teilweise sehr gut, teilweise gar nicht kennen. Es gibt Jungendliche, Familien, Paare und Alleinreisende in unserer Gruppe. Die Jüngste ist sieben, der Älteste vierundsiebzig Jahre alt. Soweit ist der TTC das einzig verbindende Element, aus jeder Familie spielt mindestens einer Tischtennis, das war`s. Als zusammengewürfelter Haufen treffen wir uns am 25.3.2018 an der Birkenhöhe um fast pünktlich, direkt nachdem Dennis sein Asthmaspray geholt hat, aufzubrechen ins ferne Sri Lanka.
Schon in Delhi, unserem Zwischenstopp nach den ersten acht Stunden Flug, bekommen wir einen Vorgeschmack auf die Exotik unseres Reisezieles. Wunderschöne Frauen im Sari, Männer mit Turban und im Rock. Auf dem Flug von Delhi nach Sri Lanka sitze ich neben einem buddhistischen Mönch, der seine Bonbons mit mir teilt, das Essen wird schärfer.
Der erste Eindruck von Sri Lanka? Heiß. Grün. Was für Blumen! Im ersten Moment fühlt man sich, als sei man im Tropenhaus des Zoos gelandet. Neugierig versuchen wir, aus den Fenstern des Busses einen Eindruck zu gewinnen. Volle Straßen. Palmen überall. Sofort begreifen wir, das wichtigste Bauteil an einem sri lankischen Fahrzeug ist die Hupe.
Um 18:30 Uhr wird es dunkel auf Sri Lanka, stockdunkel, jeden Tag. Von November bis April regnet es selten auf der Insel, als wir ankommen war der letzte Regen zwei Monate her, zwei Monate trocken, aber jetzt schüttet es wie aus Eimern, es blitzt und donnert. Der Empfang durch das Hotelpersonal könnte allerdings nicht warmherziger sein. Man hat traditionelle Kandytänzer für uns eingeladen, alle Mitarbeiter stehen samt einiger Kinder bereit und freuen sich sichtlich über die Ankunft des Top-Table-Tennis-Teams aus Deutschland. Einer alten Tradition folgend, überreichen die Gastgeber den Gästen nacheinander eine brennende Kerze, mit der ein Docht an einer großen, mit Blumen geschmückten Etagere entzündet wird. Unser Besuch sollte unter einem guten Licht stehen, von Anfang an. Und das tut er.
Erschöpft von der langen Reise fallen wir zuerst über das Buffet her und dann ins Bett.
Am nächsten Morgen dann endlich: Der indische Ozean. Direkt vor unserer Nase. Eine Bucht nur für uns. Palmen. Wellen.
Das Hotel hat nur zwei Sterne. Es gibt zuerst keine, dann löchrige Moskitonetze. Manchmal hat man zuwenig Handtücher oder die Decken werden vergessen. Schwamm drüber. Die Lage hat allemal fünf Sterne verdient! Stundenlang tobten wir durch die dreißig Grad warmen Wellen.
Nach diesem Beachday geht es für das Top-Table-Tennis-Team am nächsten Morgen früh los nach Colombo. Da Rebecca und Florian leider krankheitsbedingt für das Spiel gegen die Sri Lankis ausfallen, springen todesmutig Eugen und Karsten ein und geben so ihr Debüt beim TTC in Sri Lanka gegen das Team der Nationalmannschaft. Das können auch nicht viele von sich behaupten. Allerdings ist dieses Team gut, sehr gut.
Man braucht nicht lang drumherum zu reden: Sie putzen uns eiskalt (bei gefühlten 60 Grad in der Halle) von der Platte, wir haben keine Chance. Einzig vier Spielern ist es gelungen, ein Match zu gewinnen. Großen Respekt für Alexander Schneider, Randolf Woermann, Tom Koepsell und Tom Schaudinn.
Bei dem darauffolgenden Besuch bei der wunderschönen Bürgermeisterin und einem Minister ist die größte Herausforderung für die Herren, die lange Hose samt Hemd und Krawatte einigermaßen schwitzfrei zu überstehen. (Außer für Dennis. Blümchenshorts, T-Shirt, Sonnenbrille. Lange Hose liegt samt Hemd und Krawatte im Hotel…) Immer wieder faszinierend, wie die Einheimischen selbst im Anzug diese tropischen Temperaturen lässig und trocken aushalten.
Der nächste Beachday. Herrlich, morgens beim Frühstück der Blick auf den Ozean, dazu frisches Omelette und Crepes, Ananas und Papaya und so etwas Ähnliches wie Kaffee.
Für die Kinder gibt es neben dem Meer noch ein weiteres Highlight am Strand: Eine Hündin lebt mit ihren fünf Welpen unter einer Wurzel und freut sich über die zahlreichen Babysitter. Nur kurz versuchten wir Eltern mit Blick auf Flöhe, Läuse und Co. die Tierliebe unserer Kinder zu begrenzen, dann sind auch wir schockverliebt in die kleinen Kerlchen.
Nach und nach erweitert sich unser Aktionsradius rund um das Hotel. Strandspaziergänge führen uns zu Hausschweinen und wunderbaren Restaurants. Kilometerlange, einsame Strände. Man sieht nur Sand, Meer, Palmen und Müll. Die Berge an Plastik, die hier immer wieder inmitten großartigster Natur herumliegen, lassen einen bisweilen nachdenklich werden. Kritisch bezüglich des eigenen Konsums und dankbar bezüglich deutscher Organisation rund um Müll und Recycling. Die Kinder finden es einfach praktisch, dass passend zu den Muscheln auch gleich Sammelbehälter zu finden sind.
Eine andere, gern genutzte Möglichkeit das Hotel zu verlassen, sind die Tuk-Tuks. Kleine, dreirädrige Gefährte, überdacht, aber fensterlos, in rot oder grün. Für kleines Geld bringen uns die Fahrer ins nahegelegene Marawila. Selbstverständlich nicht ohne ausgiebig zu hupen. Bis zum Schluss kann keiner von uns eindeutig ausmachen, wann und weshalb gehupt wird. Also auf jeden Fall wenn man losfährt oder ankommt, abbiegt oder jemanden sieht, den man kennt. Und wenn man überholt. Oder überholt wird.
Marawila ist ein kleiner Ort an der Westküste Sri Lankas, nördlich von Colombo. Hier gibt es neben lauter kleinen Geschäften, Obstständen, Garküchen und Märkten jede Menge freundliche, neugierige Sri Lankis. Hier sind wir die Exoten, soviel ist klar. Jeder dreht sich um, nach den weißen, blonden Menschen, manche müssen kichern. Die Schulkinder in ihren hübschen Schuluniformen, die Mädchen mit langen, rotbeschleiften Zöpfen, die Jungen mit Krawatte, winken uns zu, genau wie viele Mofafahrer (bis zu fünf Personen pro Mofa).
Auch unser Busfahrer hupt ausgiebig und fährt uns bis zum Schluss sicher durch das Verkehrschaos, wenn auch zwischendurch gerne mit halsbrecherischen Überholmanövern.
Für manche wird der Bus während der zwei Wochen zum zweiten Hotelzimmer, geht doch jeder Ausflug früh am Morgen los und erfordert oft mehrere Stunden Anfahrt. So auch der erste Ausflug nach Sigiriya. Dieser heilige Felsen im Landesinnern will in der Mittagshitze bestiegen werden, für uns deutlich kraftraubender als für die zahllosen, umherturnenden Affen, und belohnt dafür mit einem spektakulären Ausblick.
Auf dem Weg zum Tempel ist Bettina mit ihrer unerschöpflichen Tasche hervorzuheben. Ähnlich wie Mary Poppins zaubert sie ausnahmslos alles, was gebraucht wird, hervor und teilt es großzügig mit uns insektenschutzmittel- und toilettenpapierlosen Mitreisenden.
Ein freundlicher Mönch winkt ein paar aus unserer Gruppe herbei und murmelt singhalesische Worte, während er ein weißes Bändchen um die Handgelenke bindet. Ein magischer Moment. Nichts verstanden und doch alles angekommen.
Der nächste freie Tag. Unsere Gruppe wächst zusammen. Die Kinder haben sich gefunden, die Großen kommen ins Gespräch. Man tauscht Fieberthermometer und Erlebnisse aus. Und wir werden gelassener. Zeitangaben muss man schließlich nicht so ernst nehmen. Und man kann sich nachts auch mal problemlos mit einem Handtuch zudecken, ist doch eh so warm.
Der Pool stellt unsere Toleranz allerdings nochmal auf eine harte Probe. Die ersten Tage ist er ordnungsgemäß blau, dann wird er hell- später dunkelgrün. Viiiel Chlor macht ihn wieder blau. In den darauffolgenden Tagen wird das Wasser über ein zartes Grau zu einem satten Lila. Da sieht der ein oder andere rot.
Der nächste Ausflug führt in den Süden der Insel. Wale stehen auf dem Programm, Abfahrt wäre um 2:00 Uhr gewesen, wenn Dennis nicht verschlafen hätte… Aber wie gesagt, Zeitangaben… ihr wisst schon.
Nach langer, anstrengender Fahrt zeigen sich tatsächlich zwei Wale, das Highlight dieses Ausflugs ist aber die auf dem Rückweg besuchte Schildkrötenstation. Die Kinder dürfen die kleinen Schildkröten am Strand in die Freiheit entlassen.
Heike, Bettina und Alexander machen sich für zwei Tage auf eigene Faust auf den Weg in die Berge. Shanta, der freundliche Taxifahrer, manövriert sie durch den Verkehr, schlägt Restaurants vor und ist der perfekte Begleiter. Mit dem Zug geht es weiter, ein Sitzplatz für drei, fantastische Ausblicke auf Bergpanoramen, Teeplantagen und Händler mit Bauchläden verschaffen immer mehr Einblick in Land und Kultur.
Ein Sonnenaufgang in Nuwara Eliya in 2200 Metern Höhe lässt den Atem stocken, Elche im Nebel und ein Wasserfall beschließen dieses einmalige Erlebnis.
Die Kleinste aus unserer Gruppe möchte Delfine sehen. In echt. Also starten auch Karsten und Jasmin mit Klein-Jule zu einer Extratour. Und mit Raul, dem Sohn einer Hotelmitarbeiterin. Raul hat auch noch nie Delfine gesehen und seine Mutter fragt, ob wir ihn mitnehmen. Sein großer Bruder ist unser Fahrer. Nach eineinhalb Stunden Fahrt in den Norden der Insel kommen wir bei Sonnenaufgang an. Tierschutz ist hier ein Thema, jeder Besucher wird registriert, nicht zu viele auf einmal, nicht zu jeder Zeit. Gut so. Mit einem kleinen Motorboot fahren wir raus. Als die ersten Delfine sich zeigen, wird der Motor ausgeschaltet. Julchen sitzt ganz vorne auf Deck, um sie herum mindestens hundert Delfine. Sie springen und toben, wir genießen eine Stunde lang.
Inzwischen sind wir nicht nur als Gruppe fest zusammengewachsen, sondern auch die Sri Lankis im Hotel gehören dazu. Gemeinsam spielen wir Beachvolleyball, es gibt ein Cricketturnier und die Kinder toben gemeinsam durch die Anlage und sind zu Spidermankuchen und Sahils fünftem Geburtstag eingeladen. Er ist der Sohn unserer wunderbaren Reiseleiterin Sithara.
Zweimal brauchen wir ärztliche Hilfe. Die liebe junge Frau von der Rezeption fährt mit, dolmetscht, kümmert sich verlässlich und freundschaftlich. Nimmt kein Trinkgeld, aber Schokolade. Die ärztliche Behandlung ist auf Sri Lanka für jedermann kostenlos. Vorbildlich.
Paula und Jule bekommen einen Sari. Direkt gegenüber vom Hotel verkauft eine Frau Obst und Tee und schneidert Saris. Wieder hilft unsere kleine Rezeptionistin und freut sich über das Interesse an ihrer Kultur.
Im Botanischen Garten gibt es Affen, die Bäume hängen voller Flughunde, der Bambus wächst dick und hoch. In Kandy, der alten Königsstadt, stürzen sich manche ins Getümmel, andere besichtigen den buddhistischen Zahntempel. In der Teefabrik decken wir uns mit Mitbringseln ein.
Nach den letzten Ausflügen – Elefanten, Kräutergarten und Stofffabrik – steht unsere Abschiedsparty bevor. Großspurig wird sie angekündigt als Once-in-a-lifetime-never-forget-Party. Wir halten das für etwas hochgegriffen. Ist es nicht.
Wir feiern und tanzen, was das Zeug hält. Es wird nicht zuviel verraten, aber es gibt einen gerührten Manager-of-the-year, unsere liebe Sithara bekommt ein Bayern-München-Trikot, Pokale werden verteilt und es gibt Bisswunden. Und uns allen wird klar: Nur noch ein einziger, allerletzter Tag. Dann müssen wir zurück. Ein letztes Mal das scharfe Essen, Eugen mit extra Chili. Ein letztes Bad im Ozean. Ein letztes Mal frische Ananas zum Frühstück.
Am 8.4.2018 gegen 22:30h kommt der TTC an der Birkenhöhe an. Wir sind zurück. Kein zusammengewürfelter Haufen mehr. Eine Gruppe, die gemeinsam viel erlebt hat. Wir haben viel geteilt, neben Fieberthermometern und Nutella vor Allem die Begeisterung für dieses wundervolle Land und die Freude, dies erleben zu dürfen. Wörter wie Plastron, Kupfersulfat und Luftlinie bringen uns auf der Stelle zum Lachen. Das verbindet.
Du überlegst auch mit dem TTC nach Sri Lanka zu fahren? Du fragst, ob es Tipps gibt, was Ihr unbedingt mitnehmen solltet? Ja, hab ich. Du solltest neben Neugier und Toleranz unbedingt einen Christoph mitnehmen. Dann kann nichts schiefgehen.
Jasmin Schaudinn